Dienstag, der 1. März 2017, 12.15 Uhr: Ich sitze in der Veranstaltungslocation „Markthalle“ zwischen Social Media-Interessierten, Online Marketing-Menschen und Heavy-Twitter-Usern. Es ist Social Media Week in Hamburg – kurz #smwhh – und vor mir auf der Bühne läuft das Panel zum Thema „Keine Werbung: Für mehr Transparenz in der Influencer-Arbeit“. Panel, das heißt: eine kleine Diskussionsrunde mit Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen, die sich zu einem Thema austauschen. Mit dabei: Rechtsanwältin Nina Diercks, Cornelia Holsten von der Bremischen Landesmedienanstalt, Clara Moring (selbst Bloggerin auf Tastesheriff und Organisatorin der blogst), Martin Lorbeer von Electronic Arts und Djure Meinen von wildcard communications, der das Panel initiiert hat. Moderiert wurde die Runde von Sarah Pust.
Ich saß also in diesem Panel und hoffte auf die Erleuchtung. Oder zumindest ein paar klare Ansagen, die das Durcheinander zum Thema „Kennzeichnung von Werbung auf Blogs“ in meinem Kopf etwas ordnen sollten. Natürlich hatte ich mich schon intensiv mit dem Thema beschäftigt, mir Guidelines durchgelesen, aber von Unternehmen und Agenturen gleichzeitig auch immer wieder andere Vorgaben und Infos zur Kennzeichnung bekommen. Und damit meine ich nicht die unseriösen Anfragen, die „keine Kennzeichnung“ und/oder eine“DoFollow-Verlinkung“ wollen. Die werden von mir sowieso abgelehnt.
Nein, ich meine ganz normale Anfragen, von denen einige Kunden konkrete Vorstellungen bezüglich der Kennzeichnung von Werbung auf Blogs & Social Media haben, andere wiederum gar nicht. Das verwirrt auf Dauer, vor allem, wenn man auch bei den Bloggerkollegen immer wieder die verrücktesten Ansätze für die Kennzeichnung eines Sponsored Posts findet. Oder sie einfach direkt weggelassen wird.
KENNZEICHNUNG VON WERBUNG AUF BLOGS & CO
Zurück zur #smwhh: Ich hatte mir vor diesem Event den themeverwandten Vortrag „Werbung auf Youtube und Instagram – Was gerade noch erlaubt ist…“ eines Rechtsanwalts angehört, und war danach, ehrlich gesagt, nicht unbedingt schlauer. Er zeigte Beispiele, von (für mich) offensichtlich umgekennzeichneten Youtube-Platzierungen und Instagramposts und gab seine Einschätzung dazu ab. Letztendlich hatte ich aber das Gefühl, dass es zwar falsch ist nicht zu kennzeichnen, parallel aber doch ziemlich viel durchrutscht, „weil man ja nicht immer genau weiß, ob eine Bezahlung dahinter steckt“. Irgendwie unbefriedigend.
Einige Merksätze, die ich auch bei Twitter geteilt habe, konnte ich dennoch aus dem Vortrag mitnehmen :
#1: Affiliate Links -> Werbung -> kennzeichnungspflichtig
sowie:
#2: Urteil des Landgerichts München: „sponsored“ reicht als Kennzeichnung nicht aus! Weil Englisch, weil nicht allgemein bekannt!
Da es aktuell noch zu wenige Rechtsprechungen und Urteile zum konkreten Thema Blog und Social Media gibt, basieren viele Informationen auf Ableitungen aus dem Print oder allgemeinen Mediengesetzen. Trotzdem kann man sich an ein paar wenige, wichtige und richtige Aussagen halten, um einfach auf der sicheren Seite zu sein. So wie zum Beispiel folgende:
#3: Wichtig ist: überhaupt kennzeichnen! Auf der sicheren Seite ist man mit „Werbung“ oder „Anzeige“!
Eigentlich ziemlich einfach. Wenn man sich jedoch im Internet auf die Suche macht, findet man hier die eine und auf einer anderen Seite eine ganz abweichende Meinung. Das verwirrt und führt dazu, dass jeder Blogger sich seine ganz eigene (Halb-)Wahrheit zusammenreimt. Ich selbst eingeschlossen.
Während des Panels „Keine Werbung: Für mehr Transparenz in der Influencer-Arbeit“ kamen anschließend noch ein paar neue Aspekte hinzu, die mir zuvor nie in den Sinn gekommen wären. Zum Beispiel:
#4: Nicht vergessen: Mitbewerber können auch abmahnen! Also die Blogger-Kollegen, Youtuber & Co. #becareful
Und diesen Punkt sollten wir nicht unterschätzen. In der Industrie ist das Gang und Gäbe: Große Konzerne mahnen sich seit jeher gegenseitig ab. Zum Einen um Wettbewerbsvorteile zu zerstören und zum Anderen um Mitbewerbern zu zeigen, dass sie sich an allgemein gültige Regeln halten müssen. So reguliert sich der Markt weitestgehend selbst. Unter Bloggern ist mir bisher noch kein solcher Fall zu hören gekommen. Das liegt natürlich größtenteils daran, dass einem als Privatperson in den meisten Fällen die finanziellen Mittel fehlen und sich niemand in der Branche den Hut des „Abmahners“ aufsetzen möchte. Verständlich, aber eigentlich auch schade. Denn durch die Blogger, die selbst nicht kennzeichnen oder sehr frei mit dem Kennzeichnungsbegriff umgehen, entstehen für einen selbst ja die besagten Wettbewerbsnachteile. Nicht nur in finanzieller Hinsicht. Am Schlimmsten finde ich persönlich, dass man mit „solchen“ Bloggern/Instagrammern immer wieder in einen Topf geworfen wird. Darunter leidet die ganze Branche – das ist jedoch wieder eine andere Geschichte!
Damit wir beim Thema „Kurz & Knackig: Kennzeichnung von Werbung auf Blogs & Co“ bleiben, versuche ich mich und meine Meinung jetzt etwas zu zügeln und mich auf die letzten Hard Facts des Panels zu konzentrieren:
#5: „Der Influencer, der nicht kennzeichnet, ist der, der haftet!“ sagt Cornelia Holsten von der Bremischen Landesmedienanstalt.
Die anschließende Diskussion zeigte, dass es ganz so klar, anscheinend doch nicht ist. Unternehmen tragen auch einen Teil der Verantwortung. Wenn es jedoch hart auf hart kommt, wird erstmal der Influencer/Blogger/etc. ins Gericht genommen und muss sich für die Inhalte auf seiner Seite verantworten. Das heißt: Tut euch selber einen Gefallen und kennzeichnet gesponserte Beiträge, Affiliate Links & Co!
Ein weiteres Thema, das mir sehr am Herzen liegt, weil ich selbst auch auf Redaktionsseite (also im Print) gearbeitet habe, ist die Handhabung der Werbungskennzeichnung im Vergleich zu Onlinemedien. Und die ist unfair! Im Panel auf der Social Media Week merkte Djure Meinen an, dass es im Print diverse Abstufungen von „Werbung“ gibt und diese auch unterschiedlich oder gar nicht gekennzeichnet werden (müssen). Wie sieht es beispielsweise aus, wenn eine Marke ein Beautyshooting mit Budget unterstützt und dort zum Großteil die markeneigenen Produkte verwendet und diese anschließend gezeigt werden? Als „Werbung“ wird das nicht gekennzeichnet. Die Marke wird stattdessen schön prominent gemeinsam mit dem Hair-Artist genannt. Oder inwieweit ist es eigentlich Werbung wenn auf einer Produktseite bewusst die Schuhe des Anzeigenkunden vor anderen Modellen bevorzugt werden? Hier hat der Kunde nicht direkt bezahlt. Da die Marke aber zur Finanzierung des Magazins beiträgt, wird er automatisch besser platziert. Und das ohne konkrete Kennzeichnung. Ich spreche aus Erfahrung!
Und was wird im Vergleich von den Bloggern erwartet? Dass sie jede kleinste Produktplatzierung kennzeichnen. Dass sie jedes Produkt, das ihnen (ohne Auflagen zum Testen!) zugeschickt wird, kenntlich machen. Und das, obwohl Beautyredaktionen in Verlagen gleichzeitig nur so von Produktsamples bombardiert werden. Und diese natürlich (!) ohne Kennzeichnung vorstellen. Denn hier wird ja davon ausgegangen, dass sich die Redakteure die Produkte nicht selbst kaufen. Ähm… hä? Macht das Sinn? Ich finde nicht! Deswegen:
#6: Verstehe @50hz! Bei Print geht soviel durch und wir Blogger müssen immer alles mit „Werbung“ kennzeichnen. Brauchen Zwischenformen!
Oder es muss einheitliche Regeln geben! Aber auch das ist wieder eine andere umfangreiche Geschichte!
Wichtig ist für euch: Kennzeichnet bezahlte Beiträge! Und das mit „Werbung“ oder „Anzeige“! Damit seid ihr auf der sicheren Seite und geschützt, wenn irgendwann – und das wird kommen – die Abmahnwelle startet!
Jetzt bin ich aber auf eure Meinung gespannt. Wie handhabt ihr Werbung auf euren Kanälen? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Wie steht ihr zum Thema „Kennzeichnung von Werbung auf Blogs“?
3 Comments
Schöner Beitrag Laura! Ich bin da auch immer verwirrt, was genau wie gekennzeichnet werden muss.
26. März 2017 at 17:02Manchmal benutze ich Produkte, die ich in Goodiebags erhalten habe für Instagrambilder und frage mich ob ich selbst dies kennzeichnen sollte und wie genau. Schließlich ist es nicht bezahlt und auch keine direkte Kooperation.
Auch frage ich mich, ob Produkte die im Rahmen einer Koop erhalten habe, auch noch 1 Jahr danach kennzeichnungspflichtig sind, wenn keine weitere Kooperation vereinbart wurde, ich aber das Produkt nach wie vor toll finde und zeigen möchte.
Zwischenformen wären wirklich nötig!
Ein super Beitrag Laura! Das kann einen wirklich irgendwann nur noch verwirren…
27. März 2017 at 7:56Liebe Laura,
vielen Dank für den Post – es ist so wichtig, dass dieses Thema einfach mehr Aufmerksamkeit auf Blogs bekommt. Ich habe mich letztens für eine Hausarbeit ebenfalls mit der kennzeichnungspflicht auseinander gesetzt und schwankte häufig zwischen Enttäuschung, Frust und aber auch Verständnis, denn so wirklich schwarz auf weiß sind die Regeln nicht. Nichtsdestotrotz fehlt mir auf vielen Blogs der transparente Ansatz, wenn jemand mit einer großen Reichweite ein natürliches Verhütungsmittel als Alternative zur Pille präsentiert, selbst aber die Pille nimmt und nicht deklariert, dass für den Beitrag Geld geflossen ist, dann stehen ein paar 13 oder 14-jährige Mädchen vor einmal vor einer Idee, die man mit seinem Arzt abstimmen, aber definitiv nicht einem Influencer abgucken sollte. Gleiches gilt für andere Produktplatzierungen: Blogger waren am Anfang für ihre unabhängige Meinung bekannt und wer nicht kennzeichnet, der sorgt dafür, dass der Ruf aller derer, die weiterhin mit ihrem eigenen Namen dafür stehen, den Bach hinunter geht. Und noch eine Sache: Es gibt so viele gute, authentische Advertorials, da kann wirklich niemand etwas dagegen haben, dass dort „Anzeige“ oder „Werbung“ steht!
Liebe Grüße aus Barcelona,
Linn
https://www.linnmaira.com
28. März 2017 at 11:43